Pflanzenanlagen doch besser ?!

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55 Jahre 6 Monate her #2082 von
Pflanzenanlagen doch besser ?! wurde erstellt von
Sind Pflanzenanlagen besser ?? Es scheint so.
Eine norddeutsche Firma, die Kleinkläranlagen einbaut und wartet, hat die Wartung von ca. 4000 Kleinkläranlagen über einen Zeitraum von drei Jahren datenmäßig erfasst und ausgewertet. Die Ergebnisse sind hochinteressant und wurden auf der Kleinkläranlagentagung der DWA im Herbst 2006 präsentiert.
Es handelte sich um 2.540 SBR Anlagen (Bj. 1999-2006), 503 Pflanzenbeete (Bj. 1990-2006), 409 Festbettanlagen (Bj. 1994-2002), 354 Tropfkörper (Bj. 1990-2002) und 860 sonstigen Anlagen (hauptsächlich Untergrundverrieselungen). Die Anlagen wurden 1 bis 3 mal im Jahr gewartet von.
Die Auswertung der BSB- Untersuchungen ergab für die Verfahren SBR, Pflanzenanlagen,Festbett und Tropfkörper Mittelwerte von 22-29 mg/l. Die Pflanzen waren mit 22 mg/l die besten und der maximale Wert lag bei den Pflanzenanlagen bei 48 mg/l während die anderen bei 150-290 mg/l lagen.
Die CSB-Untersuchungen ergaben im Mittel für Pflanzenanlagen 94 mg/l und für die anderen Verfahren Werte von 127-146 mg/l. Auch hier zeigen die Pflanzenanlagen die wenigsten Ausreißer, die über 150 mg/l liegen, nämlich nur 11%, während die SBR Anlagen mit 25%, die Festbett mit 34% und die Tropfkörper gar mit 41% den Grenzwert überschreiten.
Es zeigt sich hier, dass Pflanzenanlagen bessere Werte zeigen als technische Anlagen und vor allem zuverlässiger die Grenzwerte einhalten.
Die Auswertung der Reparaturen ist ebenfalls aufschlussreich. Reparaturen, die außerhalb der Wartung vor kamen, waren bei technischen Anlagen 5 mal häufiger nötig als bei Pflanzenanlagen. Der Unterschied zwischen SBR, Festbett und Tropfkörper war dabei gering. Die Reparaturkosten waren ebenfalls im Durchschnitt deutlich geringer bei Pflanzenanlagen (123 €) als bei technischen Anlagen (157-172 €), außerdem fielen bei technischen Anlagen die maximal Reparaturen (bis 900 €) deutlich höher aus als bei Pflanzenanlagen (250 €). Alle Preise sind ohne MWSt., also noch einmal 19 % draufrechnen !
Hier zeigen sich für mich ein paar Dinge.
1.Die Ablaufwerte, die die Firmen angeben und die auf Testfeldern ermittelt werden, sind Werte auf dem Papier und das ist geduldig. Da wird viel Geld ausgegeben und man fragt sich wofür. Eine Pflanzenanlagen mit Bauzulassung von der Stange bietet meines Wissens nur ein Hersteller aus Thüringen an. Es gibt genug erfahrene Planer im Lande, die einem Anlagen planen können, die zuverlässig die Ablaufwerte einhalten und wenig Folgekosten verursachen (Energie, Wartung, Reparaturen,...).
2.Desto mehr technischer Aufwand betrieben wird, umso aufwendiger ist der Betrieb und der Unterhalt der Anlagen. Außerdem leidet die Zuverlässigkeit darunter und die ist insbesonders bei Kleinkläranlagen extrem wichtig, denn auch wenn der Wartungdienst dreimal im Jahr kommt, an 362 Tagen im Jahr ist der Betreiber der Kleinkläranlagen mit der Anlage allein. Die meisten Menschen interessieren sich kaum für ihr Abwasser, Haupsache es ist weg. Desto passiver die Anlage, umso besser. Völlig passiv sind meines Wissens nur bepflanzte Horizontalbodenfilter im Freigefälle und Bodenkörperfilteranlagen.
3.Abwasser sollte wenn möglich vor Ort versickert werden. Werden die Abwässer vorher behandelt und die deutschen Grenzwerte eingehalten (BSB < 40, CSB < 150 mg/l), kann man das Wasser normalerweise beruhigt vor Ort versickern lassen. Es gibt sicher Ausnahmenböden, aber im Vergleich zu dem, was in relativ großer Tiefe aus Kanalleckagen oder aus der Landwirtschaft ins Grundwasser gelangt, sind die Belastungen von biologisch gereinigtem Abwasser zu vernachlässigen. Neueste wissenschafliche Untersuchungen aus den USA (Prof Siegrist) haben übrigens gezeigt , dass Abwasser aus einer Untergrundverrieselung und Abwasser aus einer Membrananlage nach einer Bodenpassage von 1,20m kaum noch Unterschiede aufweisen. Sowohl was Sauerstoffzehrung als auch bakteriologische Parameter angeht. Es gibt ebenfalls Modellberechnungen der Uni Wien. Nach einigen Dutzend Meter Bodenpassage kann man den Einfluss des versickerten biologisch gereinigten Abwasser nicht mehr nachweisen (berechnet nicht gemessen).


Ich selber hab einen bepflanzten horizontalen Bodenfilter (Sand). Er arbeitet seit 8 Jahren absolut zuverlässig, braucht keinen Strom, sieht im Sommer gut aus, stinkt nicht, braucht zwar etwas Platz (35m2) und hat keine offene Wasserfläche (ich habe Kinder). Er wird einmal im Jahr von einer zertifizierten Firma gewartet und die Ablaufwerte werden gemessen (sind immer hervorragend). Im Frühjahr mähe ich den Schilf mit einer Sense ab und harke ein bisschen sauber (halbe Stunde Arbeit). Dann habe ich wieder für ein Jahr meine Ruhe. Das gereinigte Abwasser wird vor Ort versickert und ich belaste kein Fließgewässer mit meinem Abwasser. Was will man mehr ?

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55 Jahre 6 Monate her #2083 von
Hallo Hein,

danke für deinen Bericht über Pflanzenanlagen. Bei uns haben die Pflanzenbeete im durchschnitt auch sehr gute CSB und BSB-5 Werte.
Leider sind viele falsch gebaut wurden von Gartenlandschaftsbauer bzw. Eigenbrödler, viele dieser Beete waren schon nach wenigen Jahre dicht.
(oder kaputte Folien usw.)
Viele sind verschlammt weil sie nicht früh genug entleert worden.
Andere kümmern sich nicht um Ihre Beete, da wird nichts geschnitten oder Unkraut gezogen (das machen viele nur 1-2 Jahre dann Pustekuchen), ferner bauen welche Ihre Beete unter Laubbäumen und holen Eichel und Blätter nicht raus.

Leider steht in deinen Bericht nichts drinne wie Zukunftssicher die Anlagen sind, wie sieht es mit NH4-N / N anorg aus?

Mich wundert nur das alle Verfahren so hohe Ablaufwerte im Schnitt haben, bei uns liegen WSB, SBR (wenn die mal laufen), Pflanzenbeete unter 90 CSB, meistens so um 60-70mg/l. Tropfkörper,Festbett und diverse Belebungsanlagen einwenig höher würde jetzt mal bis 120mg/l schätzen. (die BSB-5 Werte liegen auch weiter drunter als den angegebenen Werten)

Gruss
Boris

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55 Jahre 6 Monate her #2084 von

Mich wundert nur das alle Verfahren so hohe Ablaufwerte im Schnitt haben

Das wundert mich allerdings auch. Vor allem das hier:

SBR Anlagen mit 25%, die Festbett mit 34% und die Tropfkörper gar mit 41% den Grenzwert überschreiten


Solch hohe Quoten bei der Grenzwertüberschreitung? Jede dritte Festbettanlage über 150mg/l? Jedes vierte SBR-System?
Das kam bei uns bei höchstens jeder 10. Anlage vor.

Ansonsten ein sehr interessanter Bericht! Pflanzenkläranlagen sind auf jeden Fall interessant. Wenn man den Platz hat und sie nicht vernachlässigt.

Ich würde allerdings nicht sagen, dass sie besser sind als technische Anlagen. Sie sind halt anders. Am besten immer neutral beraten lassen und im individuellen Fall entscheiden.

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55 Jahre 6 Monate her #2086 von
Hallo Hein,

trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. :!: Der Spruch stimmt. :smile:

Ich möchte doch stark bezweifeln, dass hier irgendeiner diese Aussagen bestätigen kann. :?:

MfG
ATT

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55 Jahre 6 Monate her #2087 von
Hallo an alle,
mal ein kurzer Gedankenaustausch zu den Antworten.
Was die Zunkunftsfähigkeit bezüglich Stickstoff angeht, sind die Pflanzenanlagen oder Bodenfilter schon jetzt ziemlich gut. Bei Horizontalpflanzenanlagen findet sogar eine 50 % Gesamtstickstoffeliminierung statt und das ist ziemlich gut. Der NH3 Gehalt im Ablauf liegt dafür bei ca. 20 mg/l, aber bei einer Versickerung in den Boden spielt das bei einer Hauskläranlage keine Rolle. Diesbezüglich existieren genügend wissenschaftliche Untersuchungen. Diese zeigen eindeutig, dass unter einer Siedlung oder einem Dorf , wo man das Abwasser aus Untergrundverrieselungen versickern lässt, das Grundwasser weniger (!!) belastet ist, stickstoffmäßig, als in den umliegenden landwirtschaftlich genutzten Ländereien. Das lässt sich auch relativ leicht nachrechnen. Die Einleitung von gereinigtem Abwasser, selbst mit einem relativ geringen Gesamtstickstoffgehalt, in ein Oberflächengewässer führt immer zur Düngung dieses sehr empfindlichen Ökosystems. Die niedrigen Ablaufwerte sind, insbesondere bei großen Anlagen, ziemliche Augenwischerei, was man ebenfalls leicht nachrechnen kann. Leider wird oft bei der Einleitung in ein Gewässer, die Einleitung in ein Oberflächengewässer und die Einleitung in das Grundwasser einfach in einen Topf geworfen und das ist falsch.
Was die Anmerkung von ATT angeht, kann ich dazu nur sagen, dass die &#8222;gefälschte&#8220; Statistik von einer Firma stammt, die seit 1989 im Kleinkläranlagenbereich tätig ist. Es ist ein zertifizierter Fachbetrieb für die Wartung von Kleinkläranlagen und diese Zahlen wurden auf einer Fachtagung der DWA präsentiert. Diese Firma hat sicherlich kein Interesse an schlechten Zahlen, was die Grenzwertüberschreitung ihrer zum großen Teil selbst installierten Anlagen angeht
Es gab noch einen weiteren Vortrag bezüglich der Zustandserfassung von Kleinkläranlagen. Diesmal von einem Professor für Siedlungswasserwirtschaft von der Bauhaus-Universität Weimar. Es ging um Thüringen, wo 263.000 Kleinkläranlagen existieren, davon aber nur 1.000 vollbiologische Anlagen entspechend dem Stand der Technik. 18 Anlagen davon wurden genauer untersucht und hier zeigte sich, dass verfahrensübergreifend (alles technische Anlagen: Tropfkörper, Belebung, SBR, Rotation, Festbett) bei nur 4 Anlagen die Grenzwerte eingehalten wurden. Das sind zwar nur 18 Anlagen und in Thüringen scheint auch niemand so genau hinzuschauen, aber es wurden auch die Zahlen von 7 anderen Untersuchungen aus der Literatur vorgestellt.
Hier die Zahlen von weiteren Untersuchungen- Die erste Zahl ist immer die Anzahl der untersuchten Anlagen und die zweite der prozentuale Anteil der CSB-Grenzwertüberschreitungen.
Boller (2004, NRW), Dohmann (2004, NRW), Flasche (2002,Nieders)
Tropfkörper 121 (60%) 39(23%) 314(16%)
Belebung k.A. 11(36%) 75 (8%)
SBR 136 (15%) 7 (43%) 15(0%)
Festbett 35 (40%) 6 (17%) 26(26%)
Rotation k.A. k.A. 75(21%)
Hier noch die Ergebnisse einer sehr detaillierten und umfangreichen Studie von der FH Lausitz (2005)
Teichanlagen 72 (12%)
Belebung, SBR 522(20%)
Bodenkörper 41 (6%)
Festbett, Scheiben-
tauchkörper 512(11%)
Pflanzenanlagen 851(7%)
Schwebe/Wirbelbett 394(10%)
Tropfkörper 1142(10%)
Die letzte Studie zeigt eindeutig bessere Werte, aber die Studien davor zum Teil auch schlechtere Werte.
Die letzte Studie zeigt auch wieder, dass je passiver ein System ist, umso zuverlässiger ist es. Die funktionieren auch zuverlässig bei wenig Wartung oder selbst, wenn kein Wartungsvertrag vorhanden ist. Wenn dann noch in den Boden versickert wird, kümmert sich die Natur um den Rest, 100 prozentig.

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